„Was wäre wenn?“ von Antje Schrupp (2.TeiI)

Wo wollen wir hin?

Heute habe ich mit einer Abiturientin gesprochen, die ein Referat über den Existentialismus schreiben muss. „Ach, wie toll“ rief ich aus. Simone de Beauvoir, Sartre, Camus – Diese Lektüre hat mich frei gemacht. Der Wille zum Glück, die Verantwortung der Freiheit! Mit Anfang zwanzig saß ich im Café Flore, trank überteuerten Milchkaffee und erträumte mir das Leben einer Pariser Intellektuellen. Die Abiturientin im Jahre 2010 aber interessiert sich nicht für den Existentialismus und fand meine Euphorie eher befremdend.

Mit Anfang zwanzig wusste ich also ziemlich genau, was ich nicht wollte und dazu gehörte: Ehe, Familie, Immobilitäten jedweder Art. Die Frage, was Freiheit und Unabhängigkeit für mich eigentlich konkret bedeutet, beschäftigte mich noch fast ein Jahrzehnt.

„Nicht aus Unabhängigkeit, sondern aus Bezogenheit entsteht Freiheit.“
Diese These hätte ich damals nicht akzeptiert, heute leuchtet sie mir unmittelbar ein. Antje Schrupp erläutert diesen – von ihr und anderen Wissenschaftlerinnen entwickelten – Ansatz in ihrem Buch genauer:

„Niemand fällt wie ein Marsmännchen beziehungslos auf diese Erde. Jeder Mensch wird von einer Frau geboren, betritt die Welt also innerhalb eines bestimmten Systems von Vorgegebenem: der Familie, einer Kultur, einer bestimmten historischen Situation. Es liegt an der „Geburtsvergessenheit“ der männlichen Philosophie, dass diese offensichtliche Bedingtheit des Menschseins nicht zur Grundlage philosophischer Systeme gemacht, sondern der Mensch im Gegenteil als „unabhängig“ definiert wurde“.

Und später:

„Wir sind alle Töchter und Söhne, das heißt, wir verdanken unsere Existenz einer ganz konkreten Frau. Eine Tatsache, die die patriarchale Kultur verdrängt hat, weil sie schlechterdings nicht mit der westlichen Vorstellung von der Autonomie des Individuums vereinbar war.“

Man kann die Bedeutung dieser These gar nicht überbewerten. Mehr dazu in: Antje Schrupp: „Was wäre wenn“, Ulrike Helmer Verlag, 180 Seiten, 16,90 Euro

Mein nächster Beitrag zum Buch beschäftigt sich mit dem Kapitel: „Konkurrenz ist unlogisch“.

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