Glück statt Wachstum

„Bhutan ist einer von sehr wenigen Staaten der Welt, die ihrem Bruttoinlandsprodukt (BIP) wenig Bedeutung beimessen. (…) Seit 1972 nämlich gilt für Bhutan ein ganz anderer Index: das „Bruttonationalglück“ (gross national happiness). (…) Was auch immer sich die Politik für Programme ausdenkt, stets werden sie daraufhin überprüft, ob sie dem Glück der Bevölkerung zuträglich sind.“ (R.D. Precht in „Die Kunst, kein Egoist zu sein“)

„Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt“ lautet ein alte Volksweisheit. Inzwischen hat die Wissenschaft, genauer: die Glücksforschung, festgestellt, dass zumindest der erste Teil dieses Satzes stimmt.

„Ab einem mittleren Lebensniveau macht die Mehrung von Besitz nicht mehr dauerhaft glücklich“, schreibt Richard David Precht in seinem neuen Buch. Danach macht uns zwar das Erwerben, nicht aber das Besitzen glücklich.

Warum kaufen wir trotzdem immer weiter? „Sozialpsychologisch betrachtet ist Status der Schlüssel, warum unsere Wirtschaft so funktioniert, wie sie funktioniert. (…) Das Bezeichnende am Status ist, dass er in dem Moment erlischt, in dem ihn jeder erlangt. (…) Nach Meinhard Miegel, dem langjährigen Leiter des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn, hat sich die ganze Gesellschaft, vom Kindergartenkind bis hin zu den Bewohnern von Seniorenheimen … in einem gnadenlosen Statuskrieg verkämpft, der in der Regel in riesigen Materialschlachten ausgetragen wird. .“ (R.D. Precht)

In den meisten westlichen Ländern würde Wohlstand mit Wachstum verwechselt: „Große Teile der Welt“, so Miegel, „hängen am Wirtschaftswachstum wie Alkoholiker an der Flasche oder Drogensüchtige an der Nadel.“

Schon der britische Philosoph und Ökonom John Stuart Mill hat vor 150 Jahren darauf hingewiesen, dass eine Wirtschaft sich dann umstellen müsse, wenn ihr Wachstumsziel erreicht ist. „Sind die Bedürfnisse einmal befriedigt, die Armut beseitigt, die Bildung demokratisiert, der Lebensstandard gesichert, so brauche die Wirtschaft materiell auch nicht weiter zu wachsen. Aller weiterer Fortschritt sei nun ein immaterieller Fortschritt des Wissens, der Kultur und der Intellektualität“, so Mill.

„Wer dem Wachstumswahn entfliehen will, der muss die Macht der privaten Banken drastisch verkleinern. Nicht sie, sondern nur noch die Zentralbank dürfe weiterhin Kredite verteilen, zu ziemlich geringen Zinsen. Die privaten Banken dagegen würden degradiert zu reinen Verwaltern von Guthaben. Auf diese Weise würde der unkontrollierte Geldfluss reguliert, eine Inflation nahezu ausgeschlossen und der Wachstumszwang gebremst“, zitiert Precht den Schweizer Volkswirtschaftler Hans Christoph Binswanger.

Mit dem Thema beschäftigt sich auch eine Veranstaltung des Roten Clubs am 11. August 2011 um 19.00 Uhr im Frankfurter Gewerkschaftshaus, Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77: „Weniger Wachstum = Mehr Glück“. Ich bin gespannt, ob diese Gleichung von Prof. Dr. Rudolf Hickel, Professor für Politische Ökonomie und Direktor des Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Universität Bremen, die Anhänger der SPD überzeugt.

„Wer die Automobilindustrie päppelt (und dann auch noch mit so unsinnigen Maßnahmen wie die Verschrottungsprämie), gibt für Überlebtes Geld aus, das für die Gestaltung einer besseren Zukunft nicht mehr verfügbar ist“ urteilt Precht in seinem Buch „Die Kunst, kein Egoist zu sein“. Der Erfinder der Abwrackprämie, Frank-Walter Steinmeier, könnte der nächste SPD-Kanzlerkandidat werden. Das lässt wenig Hoffnung für eine wachstumskritische SPD-Politik.

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