Wahlvorschlag für Protestwähler (2)

Würde ich wählen, was mir der Wahl-O-Mat vorgeschlagen hat, wäre es DIE PARTEI. Die 2004 von Redakteuren des Satiremagazins Titanic gegründete deutsche Kleinpartei macht nicht nur Spaß, sondern klärt auch auf. Zum Beispiel vergangene Woche via Facebook, wo sie die Kontrolle über 31 geheime AfD-Facebook-Gruppen übernahm:

Wahlvorschlag für Protestwähler (1)

Dass die etablierten Parteien sich nicht an die wichtigen Zukunftsthemen wagen, ist ihnen vorzuwerfen. Andererseits ist es verständlich, weil der Wähler, vor allem der 50+er, es gerne ruhig hat und diejenigen wählt, die ihm versprechen, dass alles so bleibt oder noch besser, dass es wieder so wird, wie es in des Wählers besten Zeiten war. Familie ist dem Deutschen wichtig, aber doch nicht so sehr, dass er sich um seine Nachkommen schert, wenn er selbst dereinst nicht mehr unter den Lebenden weilt.

Die Gesellschaft wird sich in den nächsten Jahrzehnten durch die Digitalisierung ähnlich radikal verändern, wie es die Menschen im 19. Jahrhundert durch die industrielle Revolution erlebt haben.

Das ist ein Thema, über das wir streiten sollten und zu dem uns die Politik Vorschläge machen sollte. Wenn jeder Zweite arbeitslos ist, und zwar nicht nur der Taxifahrer und der Autoverkäufer, sondern auch ein Großteil der Anwälte und Apotheker, wie verhindern wir dann, dass die Gesellschaft auseinander fällt und es zu gewalttätigen Verteilungskämpfen kommt? Zum Beispiel durch ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das kann man wählen: Bündnis Grundeinkommen.

Mehr zum Thema in diesem 15-minütigen Video mit Richard David Precht: https://www.youtube.com/watch?v=QipzZMX4zrk

Gauland: Ich wünsche mir Nazi- Deutschland zurück

Nein, ganz so hat es der 76-jährige Spitzenkandidat der AFD nicht gesagt, sondern: „Ich wünsche mir das Deutschland meiner Eltern zurück“.

Der Autor Leif Tewes hat ein Jahr lang undercover bei der AfD recherchiert. In der Frankfurter Rundschau ist ein Interview mit ihm. Lesen!

„Noch zwei, drei Anschläge. Das mobilisiert unsere Wähler“ (Danijel Majic im Gespräch mit Leif Tewes in der Frankfurter Rundschau vom 16.8.2017)

Gut gescheitert

„Wenn nur noch das Gelingen zählt, wird jedes Misslingen zur schlimmen Störung. Wenn schon das Kleinkind nie hinfallen soll, wird es nie aufstehen lernen und den kleinsten Kratzer als Katastrophe werten. Wenn das Schulkind nach einer misslungenen Arbeit immer nur für sein „großes Potential“ gelobt wird, wird es nie Niederlagen wegstecken können.“ (Philosoph und Buchautor Wilhelm Schmid in dem schönen Audio zum Thema Scheitern auf swr: KLICK )

Bundestagswahl 2017: Warum AFD?

In dieser Runde saß ich gestern Abend: Wohlhabende Leute um die 60 Jahre, aufgestiegen aus dem Arbeitermilieu in den Mittelstand, Wohneigentum, gute Altersversorgung, bio-deutsches Wohnumfeld, lebenslang in Frieden gelebt, mehrmals im Jahr in Urlaub gefahren, eingeheiratete Russlanddeutsche in der engsten Familie, Interesse an Politik knapp über Null. Dennoch wählen die bei der nächsten Bundestagswahl AFD.

Warum? Eine andere Erklärung als diese „diffuse Unzufriedenheit ziemlich vieler Bürger mit ihrem Platz in der Gesellschaft“, wie Thomas Fricker in der Badischen Zeitung schrieb (KLICK) fällt mir nicht ein.

Es ist sehr frustrierend.

Bundestagswahl 2017: Reden wir über Inhalte!

In sechs Wochen ist Bundestagswahl. Zum Wahlkampfauftakt besuchte gestern Torsten Schäfer-Gümbel meinen Stadtteil. Zusammen mit der im Wahlkreis antretenden Bundestagsabgeordneten Ulli Nissen und der Frankfurter Stadtverordneten Kristina Luxen lud er SPD-Mitglieder und interessierte BürgerInnen ins hiesige Apfelweinlokal zu Wurstplatte und Äppler.

Gleich vorab: Es gibt (fast) nur nette Menschen in der SPD, die Wurst war lecker, Torsten Schäfer-Gümbel kann gut reden (allerdings war es einer Dame vorne zu laut, denn die Gäste passten in zwei Tischreihen, aber Schäfer-Gümbel sprach, als müsse er den Hessischen Landtag beschallen). Es war wie bei einem Familientreffen, wo man sich ein bisschen kabbelt, aber immer weiß, dass man aus dem gleichen Stall kommt.

In seinem Vortrag skizzierte Schäfer-Gümbel die Wahlkampfstrategie der SPD: Die Sozialdemokratie rede über Inhalte, während Merkel den Diskurs über die Herausforderungen unserer Zeit verweigere. Mobilität, Veränderung der Arbeitsgesellschaft, Wohnraum seien die großen Themen unserer Zeit.

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Frankfurter Gewässer sind mit Fäkalienkeimen verseucht


Am Muttertag spazierte ich mit meiner Tochter am Pfingstberg entlang, einem idyllisches Fleckchen im Frankfurter Norden, wo ab und an ein paar Rinder grasen und Schafe ihr Gnadenbrot erhalten.

Der Weg führt den Eschbach entlang zum Jägersteg zwischen Harheim und Nieder-Eschbach. Eine junge Familie mit zwei kleinen Kindern spielte am Bach. Ich sprach die Familie an und fragte, ob sie wüssten, dass der Bach stark verunreinigt ist, weil in der Nähe eine Kläranlage ihr Abwasser einleitet. Sie verneinten.

Vor wenigen Wochen starben drei Menschen in der Frankfurter Uniklinik an einem Keim, den ein Mann eingeschleppt hatte, der zuvor in den Eschbach gefallen war.

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Jugendliche Arbeitshaltung

Ich habe ein neues Hasswort: Arbeitshaltung. Nicht, dass ich etwas gegen Leistungsorientierung, Disziplin und Verantwortung hätte, ich bin nur der Meinung, es gibt wichtigere Dinge im Leben eines Jugendlichen.

Chaotische, muffige Jugendzimmer, alte Keksverpackungen unterm Bett, die erst als solche erkennbar werden, wenn man die Staubflusen abgeschlagen hat, Antworten wie: „Ja,ja, mach ich schon, kümmer dich nicht“, die aber niemals zu irgendwelchen Ergebnissen führen – kennen alle Eltern.

Aber unabhängig vom Alltagskram bin ich an manchen Tagen voller Bewunderung für meine Tochter. Wie sie sich zurechtfindet in ihren Peergroups, wie sie die Balance findet zwischen Nähe und Abgrenzung von ihren Eltern. Wie sie die sozialen Medien nutzt, um sich neue Kreise zu erschließen (zur Zeit ist es die Jodel-App – die eigentlich für Studenten entwickelt wurde).

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