100. Geburtstag von Marlen Haushofer

In meiner Jugend war Marlen Haushofer für mich der Gegenentwurf zu Simone de Beauvoir. Beide habe ich geliebt. Ich fuhr nach Paris, setzte mich allein ins Cafe Flore und stellte mir vor, gleich kommt Simone mit Sarte, Albert Camus und dem kleinen Bost zur Tür herein. Ich konnte nicht einmal französisch, nur das Nötigste, um Cafe oder Wein zu bestellen, aber das hat beim Tagträumen eher noch geholfen.

Simone de Beauvoir wurde in eine reiche Bürgerfamilie hineingeboren, die im 1. Weltkrieg und durch die Oktoberrevolution ihr Vermögen verlor. Während des Philosophie-Studiums lernte sie Jean-Paul Sartre kennen und begann mit ihm eine intellektuell fruchtbare Beziehung, die ein Leben lang hielt, aber nicht exklusiv war. Ihren feministischen Klassiker „Das andere Geschlecht“ habe ich natürlich gelesen, aber weit mehr bedeutet haben mir ihre Memoiren, in denen sie ihr Leben in Paris und die Gespräche mit den wichtigsten Philosophen ihrer Zeit schildert.

Marlen Haushofer, ist 12 Jahre nach Beauvoir, am 11.4.1920 in einer kleinen Stadt in Oberösterreich als Tochter eines Försters und einer Kammerzofe geboren. Als sie 10 Jahre alt war, schickten ihre Eltern sie auf ein Ursulinen-Internat. Sie hat diese Zeit, die sie als Verbannung empfindet, in ihrem Roman: „Himmel, der nirgendwo endet“ beschrieben.

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Erinnerung an Karl Weil

Karl Weil ist gestorben, habe ich gerade in der Frankfurter Rundschau gelesen. Das hat eine Kaskade an Erinnerungen ausgelöst.

Ich habe Karl Weil mit 16 Jahren kennen gelernt, damals begann ich eine Ausbildung zur Industriekauffrau in einem mittelständigen Betrieb in der Wetterau. Der Betrieb bestand aus zwei Werkshallen und einem modernen Bürogebäude aus getöntem Glas, was damals sehr ungewöhnlich war.

Gleich am ersten Tag – ich zeichnete mit Tusche und Lineal Schrankwandmodelle auf transparentes Papier – kam der Betriebsratsvorsitzende vorbei, der in meiner Erinnerung wie Helmut Kohl aussah und auch so ähnlich hieß, und ließ sich das Mitgliedsformular für die Gewerkschaft Holz und Kunststoff unterschreiben.

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Anita Brookner ist tot

„Sich erinnern heißt, dem Feind ins Angesicht zu sehen. In der Erinnerung liegt die Wahrheit.“ (Anita Brookner: „Seht mich an“)

Die von mir hochverehrte britische Schriftstellerin Anita Brookner ist tot, ihren ersten Roman schrieb die Kunsthistorikerin mit 53 Jahren, ihr letzter Roman „Strangers“ wurde leider nicht ins Deutsche übersetzt.Anita Brookner ist bereits am 10. März 2016 gestorben, sie wurde 87 Jahre alt.

Alle Artikel über Anita Brookner auf UmamiBuecher hier: KLICK.

Zum Nachruf in der Süddeutschen geht es hier: KLICK

Wer war Karin Struck?

Beim Zappen gestern Abend bin ich beim hr-fernsehen („Die legendärsten Talks und Interviews“) gelandet und habe dort Karin Struck wieder gesehen. Gezeigt wurde eine Szene aus 1993, als Karin Struck in die NDR-Talkshow eingeladen war und dort mit der damaligen Bundesministerin für Frauen und Jugend Angela Merkel über Abtreibung stritt. Das Video, in dem sich Karin Struck das Mikrofonkabel vom Körper zu reißen versucht, wozu sie schließlich ihre Strumpfhose auszieht, und wütend eine Wasserkaraffe ins Publikum wirft, ist heute noch auf you tube zu sehen.

Bei der gestrigen Sendung, die nach einer Zusammenstellung der skandalösesten TV-Liveszenen der letzten Jahrzehnte jeweils Prominente als Kommentatoren zu Wort kommen ließ, äußerste sich die grüne Claudia Roth und sagte etwas wie: Ja, die war halt eine extreme Abtreibungsgegennerin.

Karin Struck war viel mehr. Weiterlesen „Wer war Karin Struck?“

Die letzte Freiheit

Vor einigen Tagen habe ich zu 3sat gezappt, wo Silvia Bovenschen über die letzte Freiheit des Menschen sprach. Wolfgang Herrndorf, sagte sie, konnte sein Leben nur deshalb trotz seiner schweren Krankheit bis zum Schluss selbstbestimmt leben und schreiben, weil er die Pistole hatte. Silvia Bovenschen weiß, wovon sie redet. Sie leidet seit ihrer Jugend an multipler Sklerose.

Mir fiel ein Gedicht von Bettina Wegner ein und ich begann im Bücherregal nach den alten Anthologien zu suchen und fand sie nicht. Sie sind wohl der letzten Aufräumaktion zum Opfer gefallen. Die Recherche im Internet blieb auch erfolglos. Nicht aber eine Mail an die Liedermacherin, die mir sofort sagen konnte, in welchem Band von ihr ich das Gedicht finde und wo ich es bekommen könnte. Weiterlesen „Die letzte Freiheit“

Peter Kurzeck ist tot

Ich habe ihn kennen gelernt, als er Stadtschreiber im Frankfurter Stadtteil Bergen war. Die Sparkasse bat ihn damals um eine Lesung – er war ein unglaublich guter Vorleser – und ich besuchte ihn kurz danach im Stadtschreiberhäuschen, um ihn für die Kundenzeitschrift der Bank zu porträtieren. Weiterlesen „Peter Kurzeck ist tot“

Doris Lessing ist gestorben

Ihr Roman „Das goldene Notizbuch“ gehört neben den Werken von Simone de Beauvoir und Marilyn French zu den Büchern, die in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aus aufmüpfigen jungen Frauen Feministinnen gemacht haben. Danke dafür! Wer diesen Roman nicht gelesen hat, sollte das jetzt nachholen: Die britische Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Doris Lessing ist im Alter von 94 Jahren in London gestorben. (Mehr dazu in der ZEIT)